Vom hässlichen Entlein zum Schwan

Alltag ist, wenn man nicht mehr über etwas beständig nachdenkt, sondern in Routinen erledigt. Radfahren zum Beispiel. Dafür benutzt man häufig ein Gefährt und egal wieviel Räder man nun hat, meist gibt es ein Rad, dass sehr oft zum Einsatz kommt und andere dafür sehr viel weniger.

So auch das Alltagsbahnhofstadtlandirgendwohinrad, genannt „das hässliche Entlein“, weil es doch beim Finish arg runter und sprichwörtlich „der Lack ab“ war. War, weil der Autor sich nach den großen Ferien dazu durchgerungen hat, den Rahmen und die Gabel neu beschichten zu lassen. Dafür gibt es in der nähe praktischerweise einen Spezialisten. Dort pflegt man zwar ein etwas klischeehaftes Lokalkolorit in der Ansprache zum Kunden hin, aber dafür können sie was sie können richtig.

Zum Vergleich: Der Lack im Zustand 2019, besser wurde es nicht mehr, nur rostiger

Der Tange No. 4-Rohrsatz ist zwar nicht unbedingt absolutes High-End, aber sehr solide. Das sollte man nicht einfach dem Rost zum Fraß vorwerfen und vergammeln lassen. Andererseits: Hübsch restauriert, wie z.B. der Stahlrenner, würde die Diebstahlgefahr doch etwas zu deutlich erhöhen. Also irgendwas dazwischen. Kleiner Schönheitsfehler: Egal was man(n) macht, es muss alles, wirklich alles raus und runter. Das klingt zu einfach, um wirklich wahr zu werden. Wurde es auch nicht. Die Sattelstütze eine 400 mm lange Kalloy SP-248 war festkorridiert. Ein typisches Problem von Alustützen in Stahlrahmen.

Das Ende ist nah: 300 der 400 mm Stattelstütze sind draußen….

Wie man auf dem Foto gut erkennen kann, gab es nur einen Weg: Stütze in den Schraubstock und den Rahmen als Hebel nutzen zum Drehen. Zum Glück war es keine großflächige Korrision, sondern nur ein Teil in gemäßigter Form, da konnte man sich noch ohne Chemie behelfen. Letztlich hat es aber schon gut 1 Stunde (!) gedauert, bis das Biest draußen war. Da es Ende August noch etwas sommerlich wärmer war, floß der Schweiß in Strömen.

Ergebnis?

Neu beschichtete Sattelrohrmuffe mit Titan-Klemmbolzen
Neu beschichtetes Innenlagergehäuse, die Ablaufbohrung ist gut zu erkennen.

Alle Gewinde waren frei von Farbe, bzw. Lack und das Ergebnis „Schwarz matt“ kann sich sehr sehen lassen. Das weiß jemand was er tut. Alles kleines Sahnehäubchen wurde die Zusatzstrebe am hinterbau noch ein wenig begradigt, sodass die Delle vom Diebstahlversuch praktisch gar nicht mehr zu sehen ist. Danach heisst es: Alles wieder zusammen setzen. Dauert länger als auseinander nehmen, zumal noch der Scheinwerfer vorne geändert wurde (80 statt 50 Lux) und neue Bremsleitungen in Form von Nokon verlegt wurden. Dazu ein paar Reinigungsarbeiten und flugs sind drei lange Abende rum, dann aber ist das Rad und der Autor fertig.

Rahmen, Gabel, Schutzbleche wieder zusammen gesetzt.

Der Einfachheit halber wurde der Steuersatz gleich neu verbaut, so teuer ist der nicht. Die Bremsen bekamen neue Beläge (Koolstop, etwas weicher und felgenfreundlicher) und die Laufräder wurden noch einmal nachzentriert, damit die Bremsen mit engeren Toleranzen gestellt werden konnten. Es fehlt noch der Flaschenhalter (zerbrochen und noch nicht montiert) und ein paar korrisionsfreie Schrauben an den Gewinden. Das eilt aber zum Glück nicht so. Schließlich ist das wichtigste Rad einsatz bereit und winterfest. Noch ein Wort zu den Kosten: Inkl. Rückversand, Sandstrahlen, etc. kosten Gabel und Rahmen zusammen 125,- Euro. Sehr fair für eine sehr gute Qualität. Natürlich, wer weder Werkzeug noch Talent hat, Montage selber zu machen, zahlt noch einmal mehr. Bei einem ansonsten intakten Rahmen lohnt das aber durchaus, auch noch nach 25 Jahren.

Fast wie neu

Eine neue Klingel wurde noch montiert, die hat ein Spaßvogel mal abgebaut. Naja. Dazu eine neue Kette (die wird wenig gepflegt und steht viel draußen). Gut montiert fährt sich das praktisch „wie neu“. Der Winter kann kommen!